Düsseldorf, Deutsche Oper am Rhein, CAVALLERIA RUSTICANA – PAGLIACCI (IOCO; 3. April 2024)
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Es gibt so etwas wie Saison-Opern: Opern für die Vor-Weihnachtszeit (Hänsel und Gretel), für Silvester (die Fledermaus) für Karfreitag (Parsifal) oder auch La Boheme als die klassische Weihnachtsoper. Die beiden Kurzopern, die wir heute sehen, Cavalleria Rusticana und Bajazzo (auch Pagliacci im deutschen Sprachraum genannt) werden ganz oft an Ostern gespielt, da die Handlung der Cavalleria an Ostern stattfindet. Mit feierlichem Kirchgang und Osterprozession aber auch Mord und Totschlag.
Wir sehen am 31.3.2024 die Wiederaufnahme einer Inszenierung, die schon seit 2003 erfolgreich an der Rheinoper in Düsseldorf läuft. Diese beiden Kurzopern, die fast immer zusammen an einem Abend gespielt werden, gelten als Musterstücke des sog. Verismo, in der die wahrhaftigen Gefühle der ganz normalen, kleinen Leute auf der Opernbühne dargestellt werden. Und so ist auch der Prolog vor dem Bajazzo zu verstehen. „Auch was er wirklich sieht, schildere der Dichter“.
Diese beiden kurzen Stücke sind gut geeignet für Opern-Anfänger. Prallvoll von Handlung, die jeder leicht verstehen kann. Liebe, Eifersucht, Rache, Verrat, Hass – nur abgrundtiefe Primärgefühle, die blutig enden. Jeder im Publikum wird in einen Strudel von Gefühlen mitgerissen. Die dichtgedrängte Handlung erlaubt keine Verschnaufpause. Der Zuschauer kann gar nicht anders, als den sich entwickelnden Wahnsinn atemlos zu verfolgen und alles andere zu vergessen. Und daher stehen die beiden Stücke weit oben in der Rangliste der beliebtesten Opern.
Beide Stücke sind von Christof Loy angenehm naturalistisch inszeniert. Kein Versuch, etwas anderes hineinzubringen als den ohnehin schon übervollen, dramatischen Plot, den die beiden Opern von Haus aus mitbringen. Aber schon kunstvoll mit großen Effekten inszeniert.
Die Bühne der Cavalleria zeigt ganz naturalistisch den Vorplatz zu einer Kirche in Sizilien. Das Portal ist geöffnet, man sieht bis zum Altar. Frauen und Mädchen sind geschäftig dabei, die Kirche für den Ostergottesdienst zu schmücken. Alle Dorfbewohner tragen einfache Kleidung. Die Frauen Rock, Mieder, Kopftuch in dunkelblau und schwarz. Die Männer dunkle Anzüge, weiße Hemden und Hut. Keiner sticht hervor, alle bilden einen einheitlichen „Dorfkörper“. Auch Santuzza und Mama Lucia. Ganz anders Alfio, der wohlhabende Fuhrmann, eine elegante Erscheinung. Er bringt seiner Ehefrau Lola ein auffälliges, weit ausgeschnittenes rotes Kleid mit von seiner Fahrt. Und dieses trägt sie dann – sehr unpassend – auch zum Ostergottesdienst, geht frech und selbstbewusst in die Kirche. Während Santuzza in dem üblichen schwarzen Kleid als Sünderin vor der Kirche bleibt und Turiddu verrät. Die kirchliche Prozessionsszene ist sehr prunkvoll dargestellt, mit großer Monstranz, Fahnen und Priestern in glanzvollen Gewändern.
Die Bühne beim Bajazzo ist ganz schlicht gehalten. Ein paar große Holzkisten, welche aber mühelos ihre Funktion im Rahmen der Handlung einnehmen: Podeste für die Ankündigung der Komödie, die Behausungen der Komödianten, Schminkgarderobe, Bühne, Zuschauerraum. Bei der „Aufführung“ zeigt ein dünner Vorhang passende Bildern von Clowns und Harlekinen aus alten venezianischen Komödien.
Die Kleidung der Schausteller sowie der Zuschauer ist ganz einfach gehalten, vielleicht an die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts angelehnt. Lediglich Nedda ist auffällig gekleidet, mit kurzem ausgeschnittenen Kleid und roten Pumps. Eine schöne junge Frau, die in der Komödie als Hingucker dienen soll. Zunächst trägt sie ein weißes Kleid mit großen Blüten, beim Aufziehen des Unheils während des Schminkens trägt sie einen hellroten Kittel, während der Aufführung ein tiefrotes Kleid. Sie wandelt sich sozusagen von der romantisch träumenden jungen Frau zur Femme fatale auf der Bühne. Lediglich das Blütenmuster zeigt weiter den mädchenhaften Urgrund.
Die Cavalleria-Aufführung braucht heute wohl etwas, um Fahrt aufzunehmen. Aber dann gibt es doch einen ersten Szenenapplaus für den großen Chorauftritt der Osterprozession. Und spätestens bei den beiden Duetten Turiddu / Santuzza und Alfio /Santuzza reißt es alle mit.
Morenike Fadayomi nimmt uns als Santuzza mit in die schaurigen Abgründe ihrer Liebes-Verzweiflung, die schließlich ultimativ im Hass mündet. Sie verflucht Turiddu mit blutigen Ostern. Eduardo Aladrén überzeugt in der Rolle des wenig heldenhaften, wankelmütigen Turiddu mit seinen mühelosen Tenor-Höhen und starker Bühnenpräsenz. Renée Morloc bildet als Mama Lucia mit ihrem samtigen Alt ein Ruhepol zwischen den dramatischen Stimmen. Richard Sveda bleibt in seiner Antrittsarie als Alfio noch etwas unter seinen Möglichkeiten. Steigert sich aber furios im Duett mit Santuzza und seiner Rache-Arie. Für die Rolle der Lola muss die Stimme etwas erotisch-lockendes und auch spielerisches haben. Der Mezzo-Sopran von Kimberley Boettger-Soller verfügt darüber genauso wie die dazugehörigen schauspielerischen Fähigkeiten.